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Die Bedeutung der Medien für die Konstituierung von Gesellschaften und – damit verbunden – für Aushandlungsprozesse von Ordnungen und Normen ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Geschichtswissenschaften geraten. Allerdings ist festzustellen, dass theoriegeleitete Erklärungen von aktuellen Phänomenen aus der Perspektive der Kommunikations- oder Medienwissenschaften nur wenig oder gar nicht in diese historischen Forschungen einfließen. Zugleich wird in der Mediatisierungsforschung zwar immer wieder die Tiefe von Mediatisierung betont (Krotz et al. 2012), die Übertragbarkeit des Konzeptes auf historische Untersuchungsgegenstände, v. a. in einer längeren Perspektive, ist bisher jedoch kaum erfolgt. Die Möglichkeit hierzu bietet der interdisziplinäre Forschungsverbund „Kommunikative Figurationen. Zur medial geprägten Transformation sozialer Wirklichkeiten“ (Universitäten Bremen und Hamburg). Das historische Teilprojekt „Kollektive Identitäten: Raumbezogene Identitätsdiskurse in Hamburg und Leipzig 1919- 1975“ (Marszolek/Wagner/Robel) versucht im Rahmen dieses Verbundes, komplexe Wechselwirkungen zwischen Medien und Gesellschaft freizulegen. Dabei streben wir an, bisherige Begrenzungen der historischen Medienforschung zumindest partiell zu überwinden.

In dem vorliegenden Papier wird nach einer kurzen tour d’horizon durch den Forschungsstand zur Mediengeschichte1 zunächst versucht, eine Brücke zur aktuellen Mediatisierungsforschung zu schlagen. In einem nächsten Schritt werden Desiderata der bisherigen Mediengeschichtsschreibung konstatiert sowie Konzepte und Begriffe einer neueren Kommunikationsgeschichte diskutiert. Hieran anknüpfend schlagen wir die Verwendung des breiter gefassten Mediatisierungsbegriffs auch in medienhistorischen Untersuchungen vor. Um die damit verbundenen komplexen Wechselbeziehungen zwischen medialem und gesellschaftlichem Wandel analytisch greifen zu können, wird das Konzept der „kommunikativen Figurationen“ vorgestellt. In welcher Weise dieser transdisziplinäre Forschungsansatz in historischer Perspektive fruchtbar gemacht werden kann, soll anschließend für die Untersuchung raumbezogener Identitätsdiskurse skizziert werden. Erste Überlegungen zu unserem Projekt dienen dabei u. a. dazu, die Potenziale einer vergleichenden und verflechtenden Perspektive für medienhistorische Forschungen zu beleuchten.

Über die Autorinnen

Inge Marzsolek
Inge Marszolek hat bis 30.09.2012 an der Universität Bremen in den Fächern Geschichte und Kulturwissenschaften gelehrt. Als Gast war sie am International Institute for Holocaust Research (1999/2000) und an der Hebrew University in Jerusalem (2001) tätig. Sie ist Mitglied der Forschergruppe „Kommunikative Figurationen im Wandel“ (Hamburg/Bremen).

Yvonne Robel
Yvonne Robel arbeitet seit Juli 2013 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Teilprojekt „Kommunikative Figurationen von Mediendiskursen im historischen Wandel“ der Creative Unit „Kommunikative Figurationen“ des ZeMKI, Universität Bremen. Zuvor war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg sowie als wissenschaftliche Projektmitarbeiterin am Institut für Kulturwissenschaft der Universität Bremen tätig. 2012 promovierte sie in Bremen (Dr. phil.) mit einer diskursanalytischen Arbeit über politisch-öffentliches Genozidgedenken in Deutschland. Yvonne Robel studierte Kulturwissenschaften, Ethnologie und Ost-/Südosteuropawissenschaften an den Universitäten Leipzig und Halle (Saale). Seit 2007 lehrt sie in den Fächern Kulturwissenschaft und Geschichte.