Zum Inhalt springen

Ausgangspunkt der folgenden konzeptionellen Überlegungen sind die zum Teil massiven Verschiebungen der Medienumgebungen, die sich in den letzten Jahren im Zuge der Digitalisierung und der damit verbundenen technischen Konvergenz der Übertragungswege und Endgeräte sowie der Ausdifferenzierung der Medien- und Kommunikationsdienste beobachten lassen (Couldry 2012, Deuze 2011, Napoli 2011). Diese Verschiebungen werden intensiv im Hinblick auf ihre Konsequenzen für die kommunikativen Grundlagen der Gesellschaft und einen erneuten „Strukturwandel von Öffentlichkeit“ (Münch/Schmidt 2005) diskutiert (siehe auch Gripsrud 2009). Der vorliegende Beitrag greift diese Entwicklungen auf, indem er „digitale Öffentlichkeit(en)“ in den Fokus rückt und einen konzeptionellen Zugang zur empirischen Analyse des Wandels von Öffentlichkeiten entwickelt. Gesellschaftlicher Wandel wird oft anhand der für die betreffende Zeit als typisch angesehenen Formationen von Publika, also der Grundstrukturen von Öffentlichkeiten charakterisiert. Die Massengesellschaft sah man geprägt durch die den Großteil der Bevölkerung einschließenden Publika massenmedialer Angebote, die Zielgruppen- bzw. Erlebnisgesellschaft durch die Publika von fein auf bestimmte Lebensstile ausgerichteten Zielgruppenangeboten, die Netzwerkgesellschaft durch die vernetzte Individualität der Nutzerinnen und Nutzer von Onlinediensten. Dies verweist darauf, dass an Prozessen öffentlicher Kommunikation, durch die sich – auf unterschiedlichen Ebenen, z. B. lokal, regional, national, supranational oder translokal – Öffentlichkeiten konstituieren, neben institutionalisierten Kommunikatoren, den von ihnen hergestellten Kommunikationsangeboten und den verschiedenen Akteuren des intermediären Systems (Jarren/Steiner 2009) maßgeblich auch die Mediennutzerinnen und -nutzer beteiligt sind: Erst im kommunikativen Handeln derjenigen, die, primär in einer Publikumsrolle und in der Regel vermittelt über mediale Angebote, mit den Aussagen institutionalisierter Kommunikatoren in Kontakt kommen und sich darüber auf die eine oder andere Weise mit Anderen austauschen und verständigen, konstituieren sich Öffentlichkeiten.

Über den Autor

Uwe Hasebrink
Prof. Dr. Uwe Hasebrink arbeitete nach dem Studium der Psychologie und der Deutschen Philologie
in Hamburg zunächst drei Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozialpsychologie
der Universität Hamburg. Seit 1986 ist er am Hans-Bredow-Institut tätig, zunächst als Wissenschaftlicher Referent, ab 1988 in der Funktion des Geschäftsführenden Referenten. 1998 wurde er in das Direktorium des Instituts gewählt. 1999 vertrat er eine Professur für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule für Musik und Theater Hannover. Im Frühjahr 2001 wurde er gemeinsam von der Universität Hamburg und dem Hans-Bredow-Institut auf eine Professur für „Empirische Kommunikationswissenschaft“ berufen. Seit 2009 ist er Mitglied des Direktoriums des Research Center for Media and Communication (RCMC), mit dem die universitäre und außeruniversitäre Medien- und Kommunikationsforschung in Hamburg gebündelt wird, und zugleich Mitglied des Sprecherteams der Graduate School Media and Communication, die im Rahmen der Hamburger Exzellenzinitiative gefördert wird. Daneben war er
von 1998 bis 2003 Sprecher der Fachgruppe Rezeptionsforschung in der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPuK), von 2003 bis 2007 Mitherausgeber der Publikationsreihe „Rezeptionsforschung“, von 2004 bis 2006 Mitglied im Management Committee des International Radio Research Network (IREN). Seit 2004 ist er Mitglied im Executive Board der European Communication Research and Education Association (ECREA) und seit 2009 Mitglied des International Board der Zeitschrift „Journal of Children and Media“.
Die Schwerpunkte seiner Forschung am Institut liegen in den Bereichen Mediennutzung und Medieninhalte sowie Medienpolitik; in den letzten Jahren waren dies vor allem: individuelle Nutzungsmuster und Medienrepertoires, Konvergenz der Medien aus Nutzerperspektive, Folgen der Onlinemedien für die klassischen Medien, Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen, Formen der Zuschauerbeteiligung und der Sicherung von Nutzerinteressen gegenüber den Medien sowie europäische Medien und europäische Publika.