ZeMKI, Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung Philip Sinner zum Forschungsprojekt „CoKoMeV (Covid-19, Kommunikation, Medien und Vereine)” NewsZeMKI-News30. Juni 2025 Dr. Philip Sinner das Forschungsprojekt „CoKoMeV (Covid-19, Kommunikation, Medien und Vereine)” am ZeMKI. Seit Beginn der Pandemie 2020 untersucht die Gesamtstudie, wie Breitensportvereine in Deutschland und Österreich mit kommunikativen Herausforderungen umgehen. Im Fokus steht, wie sie ihre Kommunikationsweisen unter veränderten Bedingungen angepasst haben – etwa zur Aufrechterhaltung des Trainingsbetriebs oder zur Erfüllung ihrer gesellschaftlichen Rolle als gemeinnützige Organisationen. Obwohl sich das Vereinsleben nach der Pandemie weitgehend normalisiert hat, sind viele der eingeführten digitalen Kommunikationsformen geblieben. Gleichzeitig stehen die Vereine unter neuem Druck – etwa durch Migration, steigende Energiekosten infolge des Ukrainekriegs und die Konkurrenz durch kommerzielle Fitnessanbieter mit größeren Ressourcen. Das Projekt erforscht daher, wie Vereine in solchen Krisen nachhaltige Kommunikationsstrategien entwickeln und sich im Umgang mit Kommunikation professionalisieren. Wieso ist das Feld der Sportkommunikation so relevant? Sinner beschreibt die Sportkommunikation als vielfältig, aktuell und dynamisch. Sie greift technologische und gesellschaftliche Trends oft frühzeitig auf – etwa zeigte sich das in Australien mit KI-generierter Fußballberichterstattung. Besonders fasziniert ihn die Bandbreite von individueller Nutzung digitaler Tools bis hin zur Kommunikation großer Sportorganisationen, sowie die tägliche Präsenz sportbezogener Inhalte, die Information, Unterhaltung und Teilhabe vereinen. Er betont außerdem die gesellschaftliche Bedeutung des Sports im europäischen Kontext – nicht nur als Ort für Leistung, sondern auch als Beitrag zu Gesundheit, Integration und Zusammenhalt. Besonders Breitensportvereine fungieren als Integrationsorte, organisiert durch Ehrenamt und Selbstverwaltung – wie die Aufnahme der „gemeinwohlorientierten Sportvereinskultur“ in das Immaterielle Kulturerbe der UNESCO 2021 zeigt. Zugleich verdeutlichen steigende Kosten für Übertragungsrechte, Sponsoring oder Ausrüstung die wirtschaftliche Relevanz des Sports, der eng mit politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen verwoben ist: von Pandemien über Klimakrise bis hin zu geopolitischen Konflikten. Themen wie Doping, Missbrauch, Sportswashing und mangelnde Transparenz bei Großveranstaltungen sind dabei kritische Felder für die Sportkommunikationsforschung. Welche Forschungsergebnisse konnten schon erzielt werden? Das Projekt untersucht die kommunikativen Praktiken und (Selbst)expertisierungsprozesse von Breitensportvereinen und Fitnessstudios im Kontext der fortschreitenden Mediatisierung. Einige zentrale Erkenntnisse sind folgende: Vor der Pandemie spielte Digitalisierung für über die Hälfte der Vereine kaum eine Rolle. Die Covid-19-Krise fungierte als Katalysator, da Vereine plötzlich Trainingsbetrieb und Kommunikation digital organisieren mussten – oft ohne Strategie, aber mit viel Improvisation („learning by doing“). Daraus entwickelten sich im Laufe der Zeit strukturierte Kommunikationsstrategien. Vereine definierten Zielgruppen, passten ihre Kanäle an und reduzierten teils wieder. Instagram dient meist der Außendarstellung, Messenger wie WhatsApp dominieren im Trainingsbetrieb. Für die Ansprache junger Menschen werden zunehmend TikTok und Snapchat genutzt. Persönliche Treffen und traditionelle Medien wie Telefon oder Schwarze Bretter (auch digital) spielen weiterhin eine Rolle. Staatliche Fördermittel und Unterstützung durch Dachorganisationen (z. B. DOSB, ÖOC) halfen bei der Umsetzung. Letztlich hing der Erfolg aber stark vom Engagement und den Fähigkeiten einzelner Mitglieder ab – etwa bei der Produktion digitaler Inhalte. Das Ehrenamt erwies sich als zentrale Ressource, wodurch Breitensportvereine kommunikativ besser durch die Pandemie kamen als viele kommerzielle Fitnessstudios. Letztere holen inzwischen jedoch auf, etwa mit eigenen Apps – ein Angebot, das vielen Vereinen noch fehlt. Auch nach der Pandemie bleiben Herausforderungen bestehen: Die Energiekrise hat den Betrieb vieler Vereine erschwert – z. B. durch Einschränkungen bei Warmwasser, Flutlicht oder Platzbewässerung. Der Klimawandel betrifft besonders Wintersportvereine, aber auch andere, deren Infrastruktur durch Wetterextreme beeinträchtigt wird. Zentrale Daueraufgabe bleibt die Integration neuer Mitglieder und der Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt, die kommunikativ gestaltet werden muss – gerade in Zeiten sich überlagernder Krisen. Hier kann Literatur rund um den Themenbereich der Sportkommunikation gefunden werden: Sinner, P. (2025). MeSort: Application, testing and further development of a qualitative computational sorting software to analyze media repertoires in organizational sports communication of clubs. IAMCR 2025 (Singapore) – Communicating Environmental Justice: Many Voices, One Planet. Zusammen mit T. Neumann und J.-U. Nieland. Sinner, P. (2025). Victims of Mediatization? Austrian Fitness Centers and Their (Social) Media Behavior After the COVID-19 Pandemic. 75th ICA Annual Conference (Denver) – ICA@75: Disrupting and Consolidating Communication Research. Zusammen mit J.-U. Nieland und T. Neumann. Sinner, P. (2025). Netzwerkkarten und eigenständige Sortierungen: Ein innovativer Ansatz zur Erforschung der Kommunikationsrepertoires und der Kommunikationsstrategien von Breitensportvereinen. In A. Hepp, F. Hohmann & P. Sinner (Hrsg.), Medien-, Daten- und Vernetzungspraktiken erforschen (im Druck). Springer VS. Sinner, P., Nieland, J.-U., Nölleke, D., Seeger, C., Schallhorn, C., & Horky, T. (2024). Kommunikative Praktiken und Kommunikationsstrategien von Breitensportvereinen. Eine triangulative Befragungsstudie in Deutschland und Österreich. Journal für Sportkommunikation und Mediensport, 8(2), Special Issue – Sportkommunikation im Wandel, 84-105. Schallhorn C., Seeger C., Horky T., Nölleke D., Sinner P., & Nieland J-U. (2024). Relationship Marketing während der COVID-19-Pandemie Kommunikationsstrategien und -prozesse in deutschen und österreichischen Sportvereinen. In J. Nieland, T. Horky (Hrsg.), COVID-19 und die Sportkommunikation. Der Einfluss der Corona-Pandemie auf Sport, Medien und Journalismus (S. 195 – 222). Springer VS. Nieland, J.-U., Sinner, P., Schallhorn, C., Nölleke, D., Horky, T., & Seeger, C. (2024). Die kommunikative Figuration des mediatisierten Breitensports. Kommunikative Strategien österreichischer und deutscher Sportvereine als Antwort auf die Covid-19-Krise. In F. Kühnle & L. Franco (Hrsg.), Abstractband zur Jahrestagung 2024 der dvs-Sektion Sportsoziologie – Sportsoziologie als Krisenwissenschaft (S. 20). Bundesinstitut für Sportwissenschaft. Personen Dr. Philip Sinner Labs Lab Datafizierung und Mediatisierung