
Vesi Vuković über ihr YUFE-Projekt „Films by Yugoslav Women Filmmakers: Image, Sonic Icons, Lack of Digitisation, and Gender”
21. September 2025
Zwischen 1947 und 1991 war die jugoslawische Filmindustrie überwiegend männlich dominiert, mit weitaus weniger Regisseurinnen. Heute sind diese Frauen in der Filmgeschichtsschreibung weitgehend nicht vertreten, und ihre Werke sind selten digitalisiert, was den Zugang zu ihnen erschwert.
Ein Forschungsprojekt, das vom Programm YUFE4Postdocs/Marie Skłodowska-Curie Actions finanziert und von ZeMKI-Mitglied Dr. Vesi Vuković geleitet wird, soll dies ändern. Zu den Zielen gehören die Sensibilisierung für weitgehend übersehene jugoslawische Filmemacherinnen, die Organisation eines Workshops im April 2026 am Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst, die Durchführung eingehender Fallstudien zu ihren Filmen, die Hervorhebung ikonischer Klanglandschaften, die Erforschung von Archivarbeit und Erinnerung sowie die Untersuchung der Politik der Digitalisierung ihrer filmischen Werke. Auch andere oft vernachlässigte Rollen von Frauen im Film, wie Cutterinnen und Drehbuchautorinnen, werden untersucht.
Das Projekt läuft von 2024 bis 2027 an der Universität Bremen unter der Betreuung von Prof. Dr. Winfried Pauleit. Die University of Essex in Colchester, Großbritannien, fungiert als Co-Gastgeber, mit Prof. Dr. Sanja Bahun als Co-Betreuerin.
Warum setzt Vuković sich mit diesem Thema auseinander?
Vesi Vukovićs Forschung ist stark von ihrer persönlichen Verbindung zur ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien geprägt, wo sie geboren wurde. Ihr Interesse am jugoslawischen Kino rührt nicht nur daher, sondern auch von der nachlassenden wissenschaftlichen Aufmerksamkeit für die Filmindustrie der Region nach dem Zerfall des Landes. Sie konzentriert sich insbesondere auf Regisseurinnen, die im jugoslawischen Kino wie auch in der Filmindustrie weltweit zahlenmäßig unterrepräsentiert waren und deren Arbeit in historischen Darstellungen weitgehend übersehen wurde. Viele ihrer Filme sind noch nicht digitalisiert und laufen daher Gefahr, aufgrund der Verschlechterung des analogen Filmmaterials verloren zu gehen. Mit ihrer Forschung möchte Vuković das Bewusstsein für diese Filmemacherinnen und ihre Werke schärfen und sich für ihre Anerkennung in der Filmwissenschaft sowie für die Erhaltung ihrer Filme für zukünftige Generationen einsetzen.
Was sind vorläufige Ergebnisse des Projekts?
Die vorläufigen Ergebnisse der Untersuchung von Vesi Vuković zeigen, dass jugoslawische Regisseurinnen häufig frauenbezogene Themen behandelten und prominente weibliche Figuren in den Mittelpunkt ihrer Filme stellten, was in der jugoslawischen Filmindustrie insgesamt eher ungewöhnlich war. Zwar kam es in ihren Werken manchmal zu einer visuellen Objektivierung von Frauen, ähnlich wie bei männlichen Regisseuren, doch boten diese Filmemacherinnen im Allgemeinen nuanciertere und komplexere Darstellungen weiblicher Figuren und stellten damit auf subtile Weise patriarchalische Normen und Erwartungen in ihren filmischen Erzählungen in Frage.
Publikationen rund um das Projekt
In ihrem neuesten Artikel (https://film-history.org/approaches) beleuchtet Vesi Vuković das Kino der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, das Filme umfasst, die von jugoslawischen Regisseuren zwischen etwa 1947 und 1991 gedreht wurden. Nur wenige Regisseurinnen waren in dieser Zeit im Bereich des Spielfilms tätig, weshalb Vuković sich auf eine von ihnen konzentriert: Vesna Ljubić (1938–2021), deren Filme sie in dem Artikel beleuchtet.
Weitere Literatur zum Thema des Forschungsprojekts:
- Vuković, V. (2021). Of bees, birds, trees, and women: Iconography, superstition and victimization of female characters in Yugoslav New Film. Images. The International Journal of European Film, Performing Arts and Audiovisual Communication, 28(37), 285–307. https://doi.org/10.14746/i.2020.37.16
- Vuković, V. (2020). Treacherous women: Representation of female character as traitors of the nation in Partisan-themed Yugoslav New Films. In A.-S. Ionescu, M. Ţuţui, & S. Arslan (Eds.), Balkan cinema and the Great Wars. Berlin: Peter Lang.
- Vuković, V. (2019). Cinematic suicide: Representations of working women in Yugoslav New Film. Apparatus. Film, Media and Digital Cultures in Central and Eastern Europe, 9. https://doi.org/10.17892/app.2019.0009.156