Nr. 36 - Heiko Kirschner, Anne Schmitz und Andreas Hepp: Networks of opinion leaders and heterogeneous organizations: The organizational elites of the Quantified Self and Maker Movements on Twitter Arbeitspapiere Die fortschreitende Tiefenmediatisierung, also die Gestaltung der Gesellschaft durch digitale Medien und ihre Infrastrukturen, wird nicht nur von herausragenden „korporativen Akteuren“ wie Medienunternehmen wie Apple, Google und Facebook und staatlichen Stellen vorangetrieben. Ebenso entscheidend sind „kollektive Akteure“, die sich dadurch auszeichnen, wie sie „auf Medien wirken“ (Hepp, 2020a; Kannengießer & Kubitschko, 2017: 1): Diese Kollektive stellen Medien und die ihnen zugrunde liegenden Infra- strukturen in den Mittelpunkt ihres Engagements, gerade weil diese für die Gesellschaft so relevant geworden sind. Soziale Bewegungen wie die Open-Source- oder Indymedia-Bewegung, die „auf Medien einwirken“, haben eine lange wissenschaftliche Tradition, Pioniergemeinschaften wie die Quantified-Self- (QS-) und Maker-Bewegung sind in dieser Hinsicht jedoch noch nicht näher untersucht worden: Während sich die QS-Bewegung mit digitalen Praktiken der Selbstvermessung und Selbstoptimierung durch die intensive Nutzung von Wearables und anderen Tracking-Technologien beschäftigt, ist die Maker-Bewegung durch die kollaborative Entwicklung von (digitalen) Herstellungsprozessen auf Basis von 3D-Druckern oder Mikrocomputern wie dem Arduino und dem RaspberryPi gekennzeichnet. Beide Pioniergemeinschaften teilen mit sozialen Bewegungen ihre offene Struktur und ihr Ziel, einen gesellschaftlichen Wandel anzuregen. Der Unterschied besteht darin, dass Pioniergemeinschaften – auch wenn sie sich selbst als Bewegung bezeichnen – viel mehr Züge mit der kommerziellen Welt und der etablierten Politik teilen und von einer organisatorischen Elite kuratiert werden, die sich bis in die San Francisco Bay Area zurückverfolgen lässt (Hepp, 2020a: 33-40).Im Fall der QS-Bewegung sind ihre wichtigsten kuratorischen Instrumente Publikationen wie das Wired-Magazin und die QS Lab Berkeley-Website „quantifiedself.com“, Veranstaltungen wie QS-Konferenzen, Meetups und Pro-Typing-Institutionen (z. B. das Quantified Self Institute in Groningen, die Niederlande).Im Fall der Maker-Bewegung gehören zu diesen Instrumenten auch Publikationen wie das Make: Magazin oder Veranstaltungen wie Maker Faires und Treffen in lokalen Makerspaces. Neben diesen besonderen kuratorischen Formen spielt jedoch auch die Online-Vernetzung eine wichtige Rolle, um diese Pioniergemeinschaften länderübergreifend zusammenzuhalten. In beiden Gemeinschaften verbindet sich die organisatorische Elite, d.h. die wichtigsten Organisatoren und Entscheidungsträger, über Twitter, um die neuesten Informationen auszutauschen und Ankündigungen zu machen. Diese Online-Vernetzung wird im Mittelpunkt dieses Artikels stehen, um unser Verständnis der Pioniergemeinschaften und ihrer transnationalen Ausbreitung zu vertiefen. Weiterlesen Über die Autor:innen Heiko Kirschner (heiko.kirschner@uni-bremen.de) Heiko Kirschner arbeitet seit Mai 2018 als wissenschaftlicher Mitarbeiter (Projektmitarbeiter) am Zentrum für Kommunikations-, Medien- und Informationswissenschaft (ZeMKI) an der Universität Bremen im DFG-geförderten Projekt „Pioniergemeinschaften: Das quantifizierte Selbst und die Maker-Bewegung als kollektive Akteure der Tiefenmediatisierung“. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Human-Drone Interaction Lab an der University of Southern Denmark (SDU) und wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-geförderten Projekt „Mediatisierung als Geschäftsmodell III“ (Schwerpunktprogramm 1505 Mediatisierte Welten) an der Universität Wien. Nach seinem Masterstudium der sozialwissenschaftlichen Innovationsforschung an der TU Dortmund war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie der TU Dortmund und Assistent im DFG-geförderten Projekt „Skopische Medien“ (Schwerpunktprogramm 1505 Mediatisierte Welten) an der Universität Konstanz. Anne Schmitz (anne.schmitz@uni-bremen.de) Anne Schmitz ist seit Mai 2018 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Kommunikations-, Medien- und Informationswissenschaft (ZeMKI) an der Universität Bremen im DFG-Projekt „Pioniergemeinschaften: Die Quantified-Self- und Maker-Bewegung als kollektive Akteure tiefgreifender Mediatisierung“. Zuvor absolvierte sie ihr Masterstudium in Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Hamburg und der Universität Aarhus. In ihrer Masterarbeit analysierte sie den Instant-Messenger Snapchat und seine Bedeutung im digitalen Journalismus. Während ihres Masterstudiums arbeitete Anne Schmitz am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg in Projekten zur systemischen Inhaltsanalyse von Nutzerkommentaren für Journalisten („SCAN“) sowie zum Datenjournalismus. Darüber hinaus arbeitete sie im Forschungsverbund „Kommunikative Figurationen“ – einer gemeinsamen Initiative der Universitäten Bremen und Hamburg – mit. Andreas Hepp (andreas.hepp@uni-bremen.de) Andreas Hepp ist Professor für Kommunikations- und Medienwissenschaft mit dem Schwerpunkt Medienkultur und Kommunikationstheorie am ZeMKI, Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationswissenschaft, dessen Sprecher er ist. Von 2004 bis 2005 war Andreas Hepp Lehrbeauftragter für Kulturelle Bedeutung digitaler Medien und von 2005 bis 2010 Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Bremen.Vor seiner Tätigkeit an der Universität Bremen vertrat er 2003/4 eine Professur für Kommunikationswissenschaft mit den Schwerpunkten Mediensoziologie und Medienpsychologie am Institut für Kommunikationswissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.Von 1995 bis 1997 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Projekt „Über das Fernsehen reden“ an der Universität Trier, 1999 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Karlsruhe (TH) im Interdisziplinären Institut für Angewandte Kulturwissenschaft (IAK), 1999 bis 2003 leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft (IfMK) der TU Ilmenau.Darüber hinaus lehrte und forschte Andreas Hepp als Gast an diesen Universitäten sowie am Goldsmiths College der University of London, an der Nottingham Trent University und an der University of Sunderland. Labs Lab Datafizierung und Mediatisierung