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Es gibt einen alten Far-Side-Comic, in dem die Mitglieder eines exotischen Stammes mit stereotypen Grasröcken, Nasenbeinen und allem Drum und Dran dargestellt werden. Als sich zwei Männer ihrer Hütte nähern, rennen die Stammesmitglieder wie die Verrückten. „Anthropologen! Anthropologen!“ schreien sie, während sie verzweifelt versuchen, ihre Fernseher, Videorekorder und Telefone zu verstecken, als wollten sie die performative Reinheit der von der Moderne unbefleckten anthropologischen Subjekte aufrechterhalten (vgl. Fabian 1983). Der Comic wurde 1984 veröffentlicht. Seitdem hat die Allgegenwart des Internets wohl alles verschlungen, was an nicht kommunikationstechnisch vermitteltem menschlichem Handeln übrig geblieben ist – falls es so etwas überhaupt je gegeben hat (vgl. Stiegler 1998; Durham-Peters 1999). Überträgt man dieses Szenario auf die heutige Zeit der „tiefen Mediatisierung“ (Hepp et al. 2017; Hepp und Couldry 2017), so wären es vielleicht nicht mehr analoge Fernsehgeräte, die vor den neugierigen Augen der Anthropologen verborgen blieben, sondern leistungsstarke Smartphones, die mit Cloud-Servern verbunden sind, auf denen ausgeklügelte Algorithmen jeden Aspekt des Online-Verhaltens verfolgen, um detaillierte Einblicke in die Bedeutung des Menschseins in einem bisher unvorstellbaren Ausmaß zu liefern.

Über den Autor

Matti Pohjonen
Matti Pohjonen arbeitet an der Schnittstelle von digitaler Anthropologie, Philosophie und Data Science. Derzeit ist er Dozent für Globale Digitale Medien an der SOAS, University of London. In den letzten 15 Jahren hat er sich auf die Entwicklung vergleichender Forschungsansätze zum Verständnis globaler digitaler Kulturen und Medien konzentriert. Dazu gehören Arbeiten zu internationalen Nachrichtenströmen und Blogging in Indien, Mobiltechnologie in Afrika, kritisch-vergleichende Perspektiven auf soziale Medien und Konflikte, Online-Extremismus und Hassreden sowie die Erforschung und Entwicklung neuer Methoden der Big-Data-Analyse und künstlichen Intelligenz für die digitale Medienforschung. Er erwarb seinen MA und PhD an der School of Oriental and African Studies (SOAS), University of London, wo er auch als Senior Teaching Fellow (2006-2009) und AHRC-finanzierter Post-Doctorate Research Fellow (2013) tätig war. Darüber hinaus arbeitete er als Forscher für das Programme for Comparative Media Law and Policy (PCLMP) an der Universität Oxford an zwei bahnbrechenden Projekten zur Kartierung von Online-Debatten, Hassreden und politischen Konflikten in Äthiopien (2013-2016). Darüber hinaus war er Forschungsstipendiat (2015-2016) des VOX-Pol Network of Excellence, eines europäischen akademischen Netzwerks, das sich auf die Erforschung der Verbreitung, Konturen, Funktionen und Auswirkungen von gewalttätigem politischem Extremismus im Internet und der Reaktionen darauf konzentriert, sowie Gastwissenschaftler (2017) am Zentrum für Medien und Kommunikation (ZeMKI) der Universität Bremen.
Auf der eher angewandten Seite der Forschung arbeitete er auch als Senior Researcher (2016-2017) für die Africa’s Voices Foundation (AVF), eine gemeinnützige Forschungsorganisation, die von der University of Cambridge gegründet wurde und sich der Entwicklung innovativer Forschungsmethoden für schwer erreichbare Bevölkerungsgruppen in Afrika widmet.