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Erklärvideos und Tutorials spielen natürlich nicht nur beim schulbezogenen Lernen eine große Rolle. Ich würde sogar behaupten, dass videobasiertes Lernen mit Tutorials und Erklärvideos auch in der Post-Corona Zeit ein zentrales Element von Fort- und Weiterbildungen, aber auch vom informellen interessensgeleiteten Lernen z.B. von Hobbies ist und bleibt (siehe dazu auch ein aktuelles Projekt zum lern- und bildungsbezogenenen außerschulischen Lernen von Jugendlichen). Klar ist natürlich auch, dass die digitalen Medienrepertoires der Zukunft weitaus komplexer sein werden als nur YouTube zu schauen – nachzulesen z.B. in diesem Beitrag von mir und Urszula Wudarski zum informellen Lernen in der DIY und Online-Gaming Szene.

  1. Wolf K.D., Wudarski U. (2018) „Communicative Figurations of Expertization: DIY_MAKER and Multi-Player Online Gaming (MOG) as Cultures of Amateur Learning“. In: Hepp A., Breiter A., Hasebrink U. (eds) Communicative Figurations. Transforming Communications – Studies in Cross-Media Research. Palgrave Macmillan, Cham [Download]

Erklärvideos als autodidaktische Lernressource

Insbesondere das Angebot von Erklärvideos und Tutorials auf YouTube kann als eine audio-visuelle Enzyklopädie verstanden werden, auf der man sich so ziemlich alles per Video erklären lassen kann – mit all den Problemen eines weitgehend ungefilterten und nicht kuratierten Social Media Angebotes. In einer aktuellen Studie DAB-J haben wir gerade eine neue Studie an Schulen in Aachen und Bremen durchgeführt, welche in den ersten Auswertungen die Dominanz von YouTube als Wissenssuchmaschine bei Jugendlichen andeuten. Publikationsergebnisse sind Mitte des Jahres zu erwarten.

Der von vielen kritisierte Wildwuchs auf YouTube mit vielen Angeboten zu den gleichen Themen wird von mir im Buch als eine Form des adressat/innengerechten Bildungsfernsehens interpretiert, es findet ein Akt der Selbstselektion statt, in dem ich mir eine/n Erklärende/n suche, der mir Dinge auf eine Weise oder in einer Art erklärt, die mir persönlich liegt. Auch da gibt es weiter vorne im Buch bereits Warnungen von Florian Schmidt-Borcherding, dass viele Lernende bei Erklärvideos einer Verständnisillusion unterliegen. Beides sind aktuelle Forschungsfragen, welchen wir uns hier im Lab weiter widmen.

Was machen die Rezipierenden aus den Videos?

Katrin Valentin ist eine der wenigen Erziehungswissenschaftlerinnen in Deutschland, die sich in ihrer Forschung mit dem Thema Erklärvideos auseinandersetzen. In ihrem Beitrag fasst sie die Auswertung von 14 telefonischen Leitfadeninterviews mit Personen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren zusammen. Sie beschreibt vier Dimensionen der Rezeption:

Pädagogische Dimension: die Nutzung erfolgt überwiegend im Rahmen selbstinitiierter Lernprozesse, Katrin Valentin spricht von „Bedienungsanleitung fürs Leben“

(Para-)Soziale Dimension: bei der Erklärvideonutzung werden persönliche soziale Netze aufgebaut – anstatt von der Großmutter das Stricken zu Lernen baue ich neue soziale Netzwerke über Tutorials auf. Ein ganz wichtiger Impuls für die Jugendarbeit!

Ökonomische Dimension: Videotutorials werden zunehmend für die Vorbereitung von Kaufentscheidungen genutzt. Tatsächlich spricht der interviewte Derek Muller von Veritasium (siehe Preview #02) auch davon, dass er für den Kauf seines Video- und Audio-Equipments überwiegend auf YouTube recherchiert. Das ist natürlich auch den Unternehmen nicht verborgen geblieben, so dass diese nun versuchen, entsprechend gute Video-Reviews – teilweise als versteckte Werbung – zu bekommen bzw. bekannten Reviewern ihre Produkte zu Testzwecken zur Verfügung zu stellen. Das kritisch zu hinterfragen ist eine aktuell wichtige Aufgabe der Medienpädagogik!

Ästhetische Dimension: und schließlich ist aus meiner Sicht ein Traum der Pädagogik in Erfüllung gegangen – Videotutorials schauen macht vielen Menschen Spaß und ist für sie ein ästhetisches Vergnügen. Offen bleibt dabei, ob dann noch gelernt wird. Aber das ist natürlich eine weitere offene Forschungsfrage 🙂

Morgen stelle ich ein paar interessante Erkenntnisse aus den Interviews mit Mimi Ito (UC Irvine, USA) und Neil Selwyn (University Monash, Australien) vor.

Alles im Detail ab dem 8. April nachzulesen:

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