Das ZeMKI Personen Prof. Dr. Holger Böning Ehemalige Mitglieder KontaktE-Mail: boening@uni-bremen.de *16. Dezember 1949 – †5. Mai 2024 Das ZeMKI trauert um sein Mitglied, den langjährigen Sprecher des Instituts Deutsche Presseforschung im Fachbereich 9 der Universität Bremen. In den gut dreißig Jahren seines Wirkens an diesem Institut hat Holger Böning die Forschung, insbesondere die Grundlagenforschung, zur historischen deutschen und europäischen Presse entscheidend vorangebracht. Vor allem durch seine zum Prinzip erhobene Arbeit mit den Quellen in ihrer ganzen Vielzahl und Vielfalt konnte er das deutsche Pressewesen insbesondere des 17. und 18. Jahrhunderts, in seinem nationalen und internationalen historischen Kontext, erstmals wirklich zuverlässig darstellen. Hierbei galt seine Aufmerksamkeit allen Gattungen der Periodika in der Aufklärungsepoche, seien es die zuerst handgeschriebenen, ab 1605 dann gedruckten Zeitungen, die nachfolgenden Zeitschriften, die zuvor, bereits seit Gutenbergs Zeit, populären Kalender, die literarischen und thematisch anderweitig orientierenden Almanache oder auch die Jahresberichte von Institutionen und Gesellschaften; selbst lokale wöchentlich erscheinende Predigtsammlungen waren ihm der Beachtung wert, fügte sich dies alles doch zu einem, wie er erkannt und in zahlreichen Studien vermittelt hatte, vielfältig miteinander verbundenen und aufeinander bezogenen, von zeitabhängig unterschiedlichen ökonomischen, sozialen und ideologischen Interessen geleiteten Mediensystem, welches sich, auch in seiner Leseransprache, stetig fortentwickelte. Die DFG förderte viele von Holger Bönings bibliographisch-biographisch erschließenden Grundlagenprojekten. Genannt seien hier lediglich die von ihm begründete topographisch gliedernde Reihe „Deutsche Presse bis 1815“, die Forschung zu den deutschen Kalenderreihen und Kalendermachern des 16. bis 19. Jahrhunderts und die erstmalige Erschließung der in der Forschung bisher kaum wahrgenommenen deutschen Messrelationen des 16. bis 18. Jahrhunderts. Die Ausstrahlung von Holger Bönings Arbeiten in die nationale und internationale Fachwelt und teils auch in ein nichtakademisches Publikum war immens. Hierzu trugen die vielen von ihm (mit-)organisierten Konferenzen bei, die von ihm (mit-)erarbeiten pressegeschichtlichen Ausstellungen, das von ihm 1999 (mit-)gegründete und –redigierte „Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte“, nicht minder die gemeinsamen Projekte mit europäischen, insbesondere osteuropäischen Fachkolleginnen und –kollegen. Als leidenschaftlicher, politisch und kulturell vielfach interessierter Forscher publizierte Holger Böning Monographien zu Themen auch am Rande der Mediengeschichte. Von ihm ist bspw. die erste Biographie des Hamburger Komponisten, Kantors und Musikpublizisten Johann Mattheson (1681-1764); als Referenzwerk gilt seine umfangreiche Studie zum politischen Lied in der BRD und der DDR, als grundlegender Beitrag zur deutsch-jüdischen Publizistik und Geschichte zwischen 1880 und 1944 seine Biographie des Sozialmediziners, Zeitungsgründers und Reichstagsabgeordneten Julius Moses, der in der Weimarer Republik als Gesundheitsexperte im Vorstand der SPD war und 1942 im KZ Theresienstadt ermordet wurde. Nach dem Beginn seines Ruhestandes 2016 setzte Holger Böning seine wissenschaftliche Arbeit, im fortwährenden Austausch mit Fachkolleginnen und –kollegen im In- und Ausland, fort, so wie er auch das Programm des von ihm im Jahr 2000 gegründeten renommierten Verlages „edition lumière“, mit seinen Schwerpunkten Pressegeschichte und Aufklärungsforschung, zusehends erweiterte. Was ihn in der Zeit vor seinem Ruhestand beunruhigt und umgetrieben hatte, war die Entwicklung des von ihm national und international zu hohem Ansehen gebrachten Institutes, dessen personelle Ausdünnung und somit zusehends reduzierte Forschungstätigkeit. Über Jahre hatte er, letztlich vergeblich, versucht, dem gegenzusteuern. Im persönlichen Umgang traf der ganz unerwartet Verstorbene stets einen ruhigen, verständnisvollen Ton. Er war ein interessierter Zuhörer und erteilte, uneigennützig und immer verlässlich, wertvollen Rat. Jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und studentische Hilfskräfte wurden von ihm vielfach gefördert und konnten unter seiner Anleitung ihr Interesse für die faszinierende Welt der Pressegeschichte entdecken, methodisch weiterentwickeln und schließlich auch publizistisch stilsicher äußern. Vielen Kolleginnen und Kollegen in aller Welt war Holger Böning freundschaftlich verbunden. Das ZeMKI hat einen Kollegen verloren, der nicht zu ersetzen ist.