
Dr. Lucia Cores Sarria (Universidad Carlos III de Madrid, Spain): "The Paradox of Negative News: Disentangling the Dual Role of Negativity Bias in News Selection and Avoidance"
- Datum: 14. January 2026
- Uhrzeit: 16:15
- Strasse: Linzer Str. 4
- Raum: 60.070
Die Rolle der Negativität in den Nachrichten bleibt in der Kommunikationsforschung ein Rätsel. Ein Teil der Literatur weist auf eine Negativitätsverzerrung hin und zeigt, dass negative Nachrichten ein größeres Publikum anziehen, während ein anderer Teil übermäßige Negativität als Hauptgrund dafür identifiziert, dass Menschen Nachrichten meiden. Wir argumentieren, dass dieser scheinbare Widerspruch auf methodische Einschränkungen zurückzuführen ist: Aggregierte Webdaten und Querschnittserhebungen können die kurzfristigen psychologischen Dynamiken, die innerhalb einer Nachrichtenkonsumsitzung ablaufen, nicht erfassen. Um diese Lücke zu schließen, haben wir ein naturalistisches Online-Experiment durchgeführt, das einen Social-Media-Newsfeed simuliert, und das Nutzerverhalten während einer gesamten Browsersitzung verfolgt. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Negativitätsverzerrung auffallend kurzlebig ist: Zu Beginn der Sitzung neigten die Teilnehmer eher dazu, sich mit negativen Nachrichten zu beschäftigen, aber dieser Vorteil schwand nach den ersten paar Beiträgen, und positive Nachrichten erwiesen sich als widerstandsfähiger gegenüber dem natürlichen Rückgang des Interesses, der im Laufe der Sitzung auftritt. Diese Erkenntnisse tragen dazu bei, scheinbar widersprüchliche Ergebnisse in der Literatur in Einklang zu bringen, und bieten praktische Anleitungen für Social-Media-Plattformen, die versuchen, das Interesse des Publikums an negativen Nachrichten mit dem Risiko der Förderung von Nachrichtenvermeidung in Einklang zu bringen.
Lebenslauf:
Dr. Lucía Cores-Sarría ist MSCA YUFE-Postdoktorandin an der Universidad Carlos III de Madrid und besucht im Rahmen ihrer Entsendung das ZeMKI, wo sie mit Prof. Cornelius Puschmann, ihrem YUFE-Co-Betreuer, zusammenarbeitet. Sie hat einen gemeinsamen Doktortitel in Medien- und Kognitionswissenschaft von der Indiana University. Sie konzentriert sich auf Medienpsychologie und wendet dabei Methoden an, die von psychophysiologischen Experimenten bis hin zu groß angelegten Analysen digitaler Verhaltensdaten reichen. Ihr YUFE-Projekt untersucht, wie der Inhalt und die formalen Merkmale von Nachrichten das Engagement und die Vermeidung in digitalen Umgebungen beeinflussen. Ihre Arbeiten wurden in internationalen Fachzeitschriften wie dem Journal of Communication, Communication Research, Journalism Studies und Ecological Psychology veröffentlicht.
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