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Eine große Herausforderung in der heutigen Unterrichtspraxis ist eine sehr hohe Heterogenität der Lernvoraussetzungen der Schüler/innen – Vorwissen, Interesse, sprachliche Fähigkeiten, Lernstrategien, kognitive Verarbeitungstiefe, schulbezogene Selbstkonzepte, Medienkompetenz, Leistungsmotivation und Konzentrationsfähigkeit sind nur einige der relevanten Differenzdimensionen. Im Eingangsunterricht der Sekundarstufe I (5. Klasse) reicht der Leistungsstand der Schüler/innen über 3 Schuljahre von Ende der 2. Klasse bis Mitte der 4. Klasse, nur wenige Schüler/innen sind somit in der Lage, einem am Bildungsplan der 5. Klasse orientierten Standard-Unterricht zu folgen. Für die Lehrenden entsteht das Problem, eigentlich individualisiert unterrichten und fördern zu müssen, um auf die jeweils individuellen Wissenlücken einzugehen, gleichzeitig aber eine ganze Klasse führen und betreuen zu müssen.

Vor diesem Hintergrund soll in diesem Projekt der Einsatz digitaler Medien in heterogenen Klassenkontexten zur Lernförderung im Sinne des Design Based Research (DBR) Ansatzes iterativ praktisch erprobt und weiterentwickelt werden. Als fachlicher Kontext wird der Mathematikunterricht gewählt, da das Fach Mathematik ein Kernfach ist, es eine große Anzahl von digitalen Übungsplattformen und Lernressourcen für das Fach gibt, Leistungszuwächse in Mathematik weitgehend reliabel, objektiv und valide getestet werden können, das Fach als MINT-Fach den Zugang zu höheren Bildungsqualifikationen und Berufen eröffnet und das Fach auch mit geringeren deutschen Sprachkompetenzen erlernt werden kann.

In dem Projekt kooperiert die Universität Bremen vertreten durch das LAB MEDIENBILDUNG|BILDUNGSMEDIEN (LAB) am ZeMKI unter Leitung von Prof. Dr. Karsten D. Wolf und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Patrick Jung mit der Oberschule im Park (OSiP) in Bremen. Das LAB integriert dabei Studierende der Universität Bremen im Sinne des forschenden Lernens aus laufenden universitären Lehrveranstaltungen und studentischen Forschungsprojekten. Ein erstes Pilotprojekt wurde von Oktober 2017 bis August 2018 durchgeführt werden. Dieses Papier beschreibt nun ein Projekt für zunächst 3 Jahre.

Konkret sollen zwei 5. Klassen des Jahrganges 2018/19 der Oberschule im Park bis zum Ende der 7. Klasse begleitet werden. 

Das Hauptziel des Projektes ist es, didaktische und mediendidaktische Praxiskonzepte für den Unterricht in heterogenen Klassenkontexten mit digitalen Medien zu entwickeln, zu erproben und zu evaluieren. Das zentrale Erkenntnis- und Gestaltungsinteresse ist die curriculare und didaktische Integration in den Unterricht zur individuellen Förderung der Schüler/innen in den oben genannten Differenzdimensionen.

Dazu werden zwei 5. Klassen des Jahrganges 2018/19 der Oberschule im Park 1:1 mit Tablets (iPads) ausgestattet, jede/r Schüler/in bekommt also für den Unterricht ein „eigenes“ iPad bereitgestellt. Auch den jeweils beteiligten Lehrenden sowie einem wissenschaftlichen Mitarbeiter der Universität Bremen werden Dienst-iPads zur Verfügung gestellt.

Bezüglich der Nutzung von digitalen Medien sollen systematisch drei Formen digitaler Medien eingesetzt und erprobt werden:

Übungs-Apps: sogenannte Übungs-Apps ermöglichen das individuelle Einüben mathematischer Anwendungskompetenzen. Dazu soll insbesondere die Übungsplattform „bettermarks“ genutzt werden, aber auch andere, inhaltlich jeweils passende Apps (z.B. Slice Fractions für Brüche oder Geogebra für Geometrie). 

Erklärvideos: mittlerweile steht eine große Anzahl von Erklärvideos im Netz zur Verfügung, welche sowohl individuell für die Bearbeitung von Arbeitsblättern oder Hausaufgaben Erklärungen bereitstellen als auch in den didaktischen Konzepten des umgedrehten Klassenzimmers (flipped classroom) eingesetzt werden können. Dazu soll insbesondere die Erklärvideoplattform „sofatutor“, aber auch andere Angebote von YouTube-Erklärer/innen wie z.B. von LehrerSchmidt oder SimpleMath erprobt werden.

Gestaltungswerkzeuge zur Erstellung eigener Erklärvideos: neben den eher klassischen Ansätzen des Übens und des Erklärens soll der Bremer Ansatz des Lernens durch Erklären mit Video nach Wolf erprobt werden. Mit Hilfe der iPads werden Erklärvideos in verschiedenen Formaten, z.B. als Stop-Motion, als Analog-Animation, als Screencast oder als Live-Action-Film gestaltet. Die Erklärvideos können für andere Lernende (Peer-Learning) erstellt werden oder auch für die pädagogische Diagnostik durch die Lehrenden. Eingesetzt werden dazu iOS-Apps wie Kamera, iMovie und Keynote, aber auch weitere Produktionsapps wie iStopMotion oder ExplainEverything.

Das LAB unterstützt dabei die Lehrenden durch Beratung, Teilnahme in Projektsitzungen, Konzeption und Auswertung von Evaluation sowie durch die Einbindung von Studierenden in das Projekt im Sinne des forschenden Lernens. 

Alle Tablets werden über das Zentrum für Medien am LIS über ein Mobile-Device-Management System verwaltet. Die didaktischen Konzepte werden über die Bremische Lerncloud itslearning dokumentiert und für andere Schulen als OER bereitgestellt. 

Das Projekt wird gefördert durch die Karin und Heinz-Otto Peitgen Stiftung sowie die Iris und Hartmut Jürgens Stiftung.